In den Quellen Mitteleuropas leben rund 1.500 verschiedene Tierarten. Davon sind 465 Arten echte Quellspezialisten, d.h. sie kommen nur in diesen räumlich sehr begrenzten Lebensräumen vor.
Der Großteil der Quellarten sind Zerkleinerer und Detritusfresser, die Falllaub oder Totholz zersetzen oder Algenaufwuchs auf dem Bodensubstrat abweiden.
Die Arten verteilen sich auf ganz verschiedene systematische Gruppen. Zweiflügler, Schnecken und Krebse bilden die Gruppen mit dem größten Artenspektrum.
Artengruppe
Artenzahl
Strudelwürmer (Turbellaria)
141
Rädertiere (Rotatoria)
20
Fadenwürmer (Nematoda)
22
Schnecken (Gastropoda)
248
Muscheln (Lamellibranchiata)
1
Wenigborster (Oligochaeta)
3
Milben (Acari)
119
Krebse (Crustacea)
210
Eintagsfliegen (Ephemeroptera)
3
Steinfliegen (Plecoptera)
8
Libellen (Odonata)
4
Wanzen (Heteroptera)
2
Käfer (Coleoptera)
63
Köcherfliegen (Trichoptera)
173
Zweiflügler (Diptera)
467
Amphibien / Reptilien
9
Die faunistische Besiedlung von Quellen mit Kleinlebewesen hängt von vielen Einflussfaktoren ab. Dazu gehören v.a. Strömungsgeschwindigkeit, Substratbeschaffenheit, Eintrag von allochthonem Material, insbesondere Laub, und chemisch/physikalische Parameter wie Temperatur, Sauerstoffkonzentration und Nährstoffgehalt.
Ähnlich wie in Fließgewässern können über das Arteninventar Rückschlüsse auf die Wasserqualität gezogen werden. Der Alpenstrudelwurm (Crenobia alpina) oder die Larve der Quellköcherfliege (Crunoecia irrorata) sind z.B. Anzeiger für beste Wasserqualität. Viele Quellorganismen reagieren äußerst sensibel auf Veränderungen in ihrem Umfeld. So kann sich z.B. das Absinken des pH-Wertes des Quellwassers gravierend auf die Lebensgemeinschaft auswirken.
Bei vielen Quellbewohnern handelt es sich um die Larven von Insekten. Aufgrund der winterwarmen Wassertemperaturen ergibt sich eine Besonderheit: Schon ab Februar setzt die Flugzeit ein.
Während Insektenlarven in anderen Gewässerregionen im Winter Entwicklungspausen einlegen und die Imagines deshalb erst ab Mitte April schlüpfen, können die Larven in den Quellen auch während der Wintermonate im etwa 8° C warmen Wasser ihre Metamorphose abschließen.
Eine weitere Besonderheit ist das Vorkommen sogenannter Einzeitreliktarten. Dabei handelt es sich um Tierarten, deren Hauptverbreitung in den großen Gletscherströmen während des Abschmelzens der kontinentalen Eismassen am Ende der letzten Eiszeit lag.
Diese Arten sind speziell an die niedrigen Wassertemperaturen angepasst. Mit der nacheiszeitlichen Erwärmung der Seen und Fließgewässer sind die Tiere in die Quellbiotope ausgewichen, da sich nur hier ihre bevorzugten Lebensbedingungen erhalten haben. Zu diesen Arten zählen z.B. der Alpenstrudelwurm (Crenobia alpina) oder die Quellschnecke (Bythinella bavarica). Für diese Arten ist der Erhalt unbeeinträchtigter Quelle von besonderer Wichtigkeit, da sie an keine anderen Standorte mehr ausweichen können.
Brehm, J. u. Meijering, M.P.D. (1990): Fließgewässerkunde – Einführung in die Limnologie der Quellen, Bäche und Flüsse. Quelle & Meyer Verlag, Heidelberg.