Als einen ganz besonderen Quelltyp der Hochgebirge kann der Schmelzwasseraustritt am Ende einer Gletscherzunge


Sulzenau Ferner (Gletscher) im Stubai Tal (Österreich)

bezeichnet werden. Das daraus hervorgehende Fließgewässer wird als Gletscherbach oder Kryal bezeichnet. Die dazu gehörige Lebensgemeinschaft wird Kryon und das Ökosystem Kryozön genannt.
Im Gegensatz zu einer normalen Quelle, die erst beim Austritt aus dem Erdreich sichtbar wird, kann man schon zuvor auf der Gletscheroberfläche kleine Schmelzwasserrinnen beobachten, die auch wieder im Gletscher verschwinden können.

Schelzwasserrinnen u. Gletschermühle auf der Ferneroberfläche (

Am Ende der Gletscherzunge tritt der größte Teil des Schmelzwassers aus dem sogenannten Gletschertor hervor.
Diese Schmelzwasserquellen bzw. die Gletscherbäche sind ein wichtiges Landschaftselement in den Alpen. Die Abfluss- und Temperaturbedingungen schwanken im Tages- und Jahresverlauf stark. Damit eng verbunden ist auch die Wassertrübung die durch das vom Gletscher aufbereitete feine Gesteinsmaterial, die sogenannte Gletschermilch oder das Gletschermehl, verursacht wird.
Die Wassertemperaturen liegen unter 4 °C und der Abfluss schwankt aufgrund der täglichen Auftau- und Gefriervorgänge erheblich. In den Sommermonaten ist der Abfluss bei schönem Wetter besonders ausgeprägt und erreicht sein Maximum am frühen Nachmittag.

Gletschertor des Sulzenau Ferners

Gletscherbach kurz nach dem Gletschertor

Gletscherbach-Wasserfall vor dem Absturz

Gletscherbach nach dem Wasserfall - Flussverwilderung im Kar

Mit zunehmender Abkühlung wird der Abfluss deutlich geringer.
Die extreme Abflussdynamik hat entsprechend fatale Folgen auf Organismen. Deshalb haben die Wirbellosen (Makrozoobenthos) entsprechende Strategien entwickelt. Aus Untersuchungen von Gletscherbächen der Schweiz ist bekannt, dass über 100 Arten darin vorkamen und die Anzahl dieser im Herbst und Winter wesentlich höher war als im Sommer.
Die Nähstoffdynamik ist im Oberlauf an die des Gletschers gebunden. Der Stickstoff stammt vorwiegend aus der Atmosphäre, der Phosphorgehalt ist vom Untergrund abhängig.
Insgesamt ist festzustellen, dass es bezüglich ganzjähriger ökologischer Untersuchungen noch große Wissensdefizite gibt.

Entwicklung der Gletscher bzw. der Abflüsse

Der Gletscherschwund ist ungefähr seit dem 19. Jahrhundert im Gange und hat sich nach den Rekordtemperaturen der 90er-Jahre dramatische verstärkt. In der Schweiz sind z.B. seit den Gletscherhochständen von 1850 ca. 100 Gletscher vollständig abgeschmolzen. Europaweit verloren alpine Gletscher ca. die Hälfte ihres Eisvolumens und rund 30-40 % ihrer ursprünglichen Oberfläche.
Durch diesen Klimawandel ist auch das Abfluss der Gletscherbäche betroffen. Nach Wehrli (2003) waren 1901 noch 95 km3 Wasser in den Gletschern der Schweiz gebunden. Heute sind es noch ca. 74 km3.

Stubaier Gletscher (Ferner) - Österreich (Panoramablick v. der Maierspitze; September 2006)

Nach dem Gletscherbericht 2004/2005 haben von den 13 beobachteten Stubaier Gletschern 12 eine Verringerung ihrer Länge zwischen 4,5 bis 69,2 m erfahren. Nur ein Gletscher ist um 1,9 m vorgestoßen. Der Sulzenau Ferner hat z.B. 7,3 m seiner Länge eingebüßt.
Insgesamt schmolzen von den erfassten 95 Gletscherzungen Österreichs im Haushaltsjahr 2004/05 88 zurück. 4 % wurden als stationär eingestuft und 3 wiesen geringfügige Vorstöße auf. Ein Jahr zuvor sah es an den Gletscherzungen folgendermaßen aus: 81 gingen zurück, 13 bleiben stationär und 4 stießen vor. Der durchschnittliche Längenverlust war im Haushaltsjahr 2004/05 16,3 m, im Jahr zuvor 7,6 m.

Literatur bzw. Links

http://www.eawag.ch
http://www.klimainfo.ch
http://www.alpenverein.at